BMW 650i Cabrio, Jaguar XK Cabrio und Maserati Gran Cabrio stellen sich einem - zugegeben - sehr luxuriosen Vergleich. Wer uberzeugt den Verstand, und in welchem lasst es sich am angenehmsten schwelgen?
Viersitzige Luxuscabrios sind wie Besuche im Drei-Sterne-Restaurant. Keiner braucht sie wirklich, doch wer sie sich leisten kann, wird wenig finden, was mehr Genuss liefert. Starten wir doch einfach mal den Motor des Maserati Gran Cabrio, legen per Knopfdruck das Stoffdach flach und genie?en ungefiltert die Hymne an den V8-Motor, die aus dem 4,7-Liter-Sauger trompetet. Allein in der Melange aus geschwungenem Pininfarina-Kleid und verrucht bollerndem Verbrennungschor liegt schon soviel Haben-will-Reiz, dass der 132.770-Euro-Dreizack entspannt dem Vergleichstest entgegensehen kann.
Speziell gegen ein nagelneues BMW 650i Cabrio wird er - das ist der dunkelblauen bella macchina vollig klar - rational wenig Chancen haben. Der BMW 6er wiederum muss sich fur seine rund 100.000 Euro (mit allen Fahrdynamik-Extras) auch gegen ein Jaguar XK Cabrio wehren. Dieses bietet fur fast das gleiche Geld mit 385 PS aber 22 weniger als der BMW, wahrend sich Signore Maserati mit 440 Pferden souveran an die Leistungsspitze im Vergleichstest schiebt.
Aber lassen wir die Gaule noch im Stall. Im italienischen 4,90-Meter-Kreuzer sitzen offen selbst vier Manner passabel, so dass manche die Bezeichnung 2+2-Sitzer auch als Untertreibung empfinden konnten. Da packt selbst der rund- und breitgezogene BMW 6er kaum was drauf. Allenfalls in der Breite zwackt der luftige Bayer einen Hauch weniger. Fur die beiden Fondkuhlen des eher ma?geschneiderten Jaguar XK Cabrio fand sich dagegen in der ganzen Redaktion keine entsprechend zierliche Person. Noch schlimmer fur die wohlhabende Familie: Trotz Isofix lasst sich ein gro?erer Kindersitz nicht vernunftig verstauen. Unverstandlich bei allen drei sind zudem die Zuladungswerte.
Das Thema Kofferraum lost das Maserati Gran Cabrio konsequent, besonders wenn das dreisterweise 952 Euro kostende Windschott drinliegt: Er hat dann quasi keinen. Das Jaguar XK Cabrio bietet spurbar mehr, jedoch so flach gezogen, dass ernsthafte Reisekoffer nur zersagt hineinpassen. Wogegen die 350 Liter des 6er sich auch mit ublichen Gepackstucken fullen lassen. Sollte jetzt plotzlich ein Regenguss niederprasseln, werden die Maserati- und BMW-Passagiere ubrigens rund zehn Sekunden langer nass als im Jaguar XK Cabrio mit seinem hurtig in 16 Sekunden schlie?enden Dach.
Aber auch ohne die Himmelstropfen sehen Besitzer eines Maserati Gran Cabrio und Jaguar XK Cabrio bedroppelt aus, wenn sie sich die Detailverarbeitung anschauen: Beim Gran Cabrio hupft das Schaumstoffpolster unter dem serienma?igen Leder hervor, und beim feinen Englander wenden sich einige der edlen Holztafeln von ihrem Verkleidungsrand ab. Dagegen ist die innen etwas schluderhaft lackierte Heckklappe des BMW 6er Cabrio nur eine Petitesse. Ansonsten sitzt im 6er jede Naht und jedes Detail so akribisch wie an einer handgenahten bayerischen Lederhose.
Generos lasst das BMW 6er Cabrio seinen Insassen zudem die Wahl, ob sie sich mit hochgefahrenen Heck- und Seitenscheiben fast zugfrei wie in einem geschutzten Biergarten im Wald oder - Scheiben runter - luftig wie auf einer Anhohe fuhlen. Puristische Dach-runter-Piloten werden wohl trotzdem das etwas windigere, roadsterhaftere Gefuhl im Jaguar XK Cabrio goutieren oder im besonders im Fond sturmischeren, teuren Italiener flanieren.
Bei der Suche nach perfektem Komfort verloren die BMW-Jungs leider etwas den Gewichtsfokus: Mit 2,1 Tonnen gehort das 650i Cabrio zusammen mit dem fast gleich schweren Maserati Gran Cabrio zu den automobilen Moppelchen. Fast sechs Zentner weniger zeigt die Waage bei der britischen Katze. Was ein formidables Leistungsgewicht von 4,7 kg pro PS fur das Jaguar XK Cabrio ergibt, wahrend beim BMW 6er Cabrio jedes PS 5,2 Kilogramm zu schleppen hat.
Eine klare Sache bei der Langsdynamik? Nicht ganz, denn der Jaguar XK bringt seinen Dampf traktionsma?ig nicht perfekt auf die Stra?e und muss sich beim Spurt auf 100 km/h dem BMW 6er um 0,3 und dem Maserati Gran Cabrio um 0,1 Sekunden geschlagen geben. Beim fliegenden Start fegt der leichte Jaguar XK mit 515 Nm maximalem Drehmoment aber mit Verve davon. Dann juchzt das Motor-Junkieherz angesichts des herrlich bissigen Ansprechverhaltens und des barig satten Basses des Funfliter-V8-Saugers.
Das Maserati Gran Cabrio gonnt sich im Vergleich zwar ein dezentes Sauger-Phlegma unterhalb von 4.000/min, doch daruber sturmt er mit sexy grollender Euphorie (Auspuffklappen auf) in die 7.000er. Dass er dabei glucklich mit dem Sprit gurgelt, kann man horen und an der Zapfsaule sehen: Er genehmigt sich im Testmittel rund zwei Liter mehr als seine Rivalen.
So wird es Zeit fur den politisch korrekten Auftritt des elastischen, direkteinspritzenden, aber ohne Valvetronic antretenden 4,4-Liter-Doppel-Turbo-Aggregats im BMW 6er Cabrio. Leise sauselnd im Teillastbereich mit einer im Vergleich zum Maserati Gran Cabrio fast schon possierlichen Rohrnote bei Voll- und Zwischengas. Bis auf hauchzart verzogertes Ansprechen gibt es wenig zu kritisieren, selbst der Verbrauch geht bei dem Gewicht in Ordnung. Echte Auto-Gourmets wunschen sich aber noch eine Prise Antriebs-Chili.
Das gewunschte Feuer gibt es dann bei sportlicher Fahrweise. Mit adaptiver Dampfung, Wankstabilisierung und Aktivlenkung (mitsamt Hinterradlenkung 5.920 Euro Aufpreis) kaschiert der BMW 6er ambitioniert, aber etwas synthetisch seine Pfunde und feuert mit spat untersteuerndem, wankarmem und prazisem Handling durch Kurven.
Das Maserati Gran Cabrio, einzig echter Frontmittelmotor-Wagen im Vergleich, zeigt sich tendenziell leicht unterdampft und strukturweich. Nach etwas verzogertem Einlenken in der Kurve schnappt es plotzlich zu und verteilt die Radlast schlagartig auf das kurvenau?ere Vorderrad. Beim Slalom setzt der Maserati trotzdem klar den Ma?stab.
Der Jaguar XK legt sich ruhiger in die Kurve, bleibt lange neutral, um im Lastwechselfall schon mal unvermittelt mit dem Heck zu keilen. Leider vergisst die Lenkung dabei die passende Ruckmeldung, und das langsame ESP-System nervt mit Hyperaktivitat beim Untersteuern und Lethargie beim Ubersteuern. So verschenkt er viel von seinem Handling-Potenzial und liefert im Slalom eine enttauschende Zeit ab.
Die krassen Unterschiede wie im Handling bleiben beim Komfort aus. Alle drei kredenzen genug Dampfungsreserven fur einen entspannten Cruising-Ausflug zu viert. An die Steifigkeit und Ausgewogenheit des BMW 6er Cabrio kommen die beiden renommierten Luxusliner jedoch nicht heran. Wahrend die schnelle Katze trotz ihrer adaptiven Dampferregelung ein wenig zum Springen neigt, fehlt es dem Dreizack an Festigkeit – es achzt machtig im Stahl-Gebalk.
Herausragende Bremsleistungen bieten alle drei, auffallig ist nur das ambivalente Maserati Gran Cabrio mit dem mit Abstand kurzesten Bremsweg aus 190 km/h bei dem gleichzeitig teigigsten Pedalgefuhl. Das teuerste Cabrio im Vergleich ist eben ein Charaktertyp. Gerade noch schimpft man uber ihn (zum Beispiel verwirrende Infotainment-Bedienung), um im Beschleunigungsmoment voller Gluck zu strahlen – quasi der FC Schalke 04 des Autobaus.
Das hubsche und vergleichweise gunstige Jaguar XK Cabrio steht sich dagegen selbst etwas im Weg. Hervorragende Anlagen wie seine Leichtbau-Alu-Karosserie und der geniale Funfliter-V8 werden von mangelhafter Lenkungs- und ESP-Applikation konterkariert – von der kruden Infotainment-Bedienung nicht zu reden.
So war der klare Sieg des im Vergleich eher durftig ausgestatteten BMW 6er Cabrio nie gefahrdet, mit seiner ausgewogenen Abstimmung und der durchdachten Konstruktion ist er die Vernunft-Wahl bei den Luxus-Cabrios schlechthin. Angekratzt vielleicht nur durch sein hohes Gewicht und die Glatte seines Perfektionismus.
Wer sich die Zuladungen der drei Cabrios ansieht, muss an einen Schildburgerstreich denken: So sitzen im BMW 6er und Maserati Gran Cabrio zwar vier nicht zu gro?e Erwachsene bequem, jedoch erlauben beide Luxusliner weniger als 300 kg Zuladung, was fur vier Personen (a 75 kg) das Mindestma? ware – vom Gepack nicht zu reden. Der Jaguar XK vertragt zwar mit 323 kg genug Zuladung, in seinem engen Interieur findet aber beim besten Willen keine Vierer-Gruppe Platz.