Eine grove Rundumsicht-Lasershow zur Premiere: Das T-Modell der modellgepflegten Mercedes C-Klasse darf als erstes Auto den neuen gro?en auto motor und sport-Praxistest absolvieren. Wir packen auf unser aufwendiges Messprogramm noch was drauf und schauen uns ganz genau an, wie angenehm und nutzlich der Mercedes C 250 CGI T im Alltag ist.
Als der Mercedes C 250 CGI T in die Tiefgarage der Schlossstra?e 37 rollt, hat er noch keinen blassen Schimmer von dem, was kommen wird. Der schwabische Edeltransporter in blitzsauberem Metallicwei? fuhlt sich zum normalen Einzeltest bestellt. Pylonen werden fliegen, Reifen quietschen, Verbrauche protokolliert und der Innenraum vermessen. Gleiche Prozedur wie immer – denkt das Mecedes T-Modell. Denkste, sagen wir. Die auto motor und sport-Crew hat dieses Mal eine Menge mehr vor. Auf das schon ausfuhrlichste Testprogramm setzen wir noch einen drauf und schauen explizit auf die Alltagskriterien. Was transportiert der Kombi? Wie parkt und rangiert er sich? Wird eine Familie mit ihm glucklich? Seh ich genug vom Verkehr? Wie schutzen seine Assistenzsysteme vor Unfallen, und lasst er sich schnell und sicher bedienen?
Bedienung gilt ja seit ehedem als eine der gro?en Starken von Mercedes, nur beim Styling scheiden sich seit Jahrzehnten die Geister. Ein ehemaliger Mercedes-Baugruppenleiter raunzte in den Neunzigern mal seine Interieurentwickler an: "Ihr macht ein Design wie fur ein offentliches Verkehrsmittel." Harte Kommentare wie "langweilig" und die "Materialien wirken billig" musste auch die Mercedes C-Klasse lange ertragen. Gleich vorweg: Damit raumt das Volumenmodell mit der gro?en 2011er Modellpflege grundlich auf. Die neue Mercedes C-Klasse setzt sich rein qualitativ an die Spitze ihrer Klasse, wo im direkten Vergleich der Audi A4 mit einfach wirkenden Klimareglern und der BMW 3er mit seiner in die Jahre gekommenen Optik (Nachfolger kommt Anfang 2012) abfallt.
Auch das pixelige Zusatzdisplay im Tacho wich endlich einer klassengema?en, scharfen und farbigen Darstellung. Doch leider wurde ein altbekanntes Problem nicht gelost: Die Bordcomputer-Menus sind zu verschachtelt und uber die Lenkradtasten umstandlich zu bedienen. Zudem gehoren Assistenzfunktionen nicht in Untermenus versteckt, sondern mit eigenen Tasten versehen.
Unvermutete Schwachen zeigt die Mercedes C-Klasse auch bei der klassischen Bedienung: Die Klimaregelung sitzt zu tief und verlangt bei der manuellen Luftverteilung zu viele Knopfdrucke. Die Bestsenderliste fur Radios lasst Dampfradio-Fans mit ihrer Darstellung in Erinnerungen schwelgen, nervt Power-User aber mit langen Bedienzeiten. Gleichzeitig setzt die Mercedes C-Klasse hier wiederum Glanzpunkte: Die Sitzverstellung in der Tur, der Tempomatregler (mit ACC-Funktion) und die Einparkhilfe-Anzeigen sind beispielhaft intuitiv. Ebenso reagiert das gro?e Infotainmentsystem zugig auf Eingaben. Musikfans, die sich nur mit dem Basis-Soundsystem begnugen, werden zu dem unnotig dumpfen Klang aber nicht mit den Fu?en wippen. Im Vergleich dazu geht beim 893 Euro teuren Harman Kardon-System die Hohensonne auf.
Gute Sitze, knapper Fondraum
Vor allem pflegt das Interieur der Mercedes C-Klasse die klassische Mercedes-Tugend der Langstreckentauglichkeit. Beim Einsteigen wirken die 512 Euro teuren Multikontursitze mit allerlei pneumatischen Einstellmoglichkeiten noch brettig und einfach – ma?iger Ansitzkomfort sagen die Profis –, doch nach 500 Kilometer Fahrt begeistern sie mit Ermudungsfreiheit und perfekter Lordosenstutze bei gutem Seitenhalt. Die Klimaanlage verlangt mit ihrer zugfreien automatischen Regelung keine weitere Justage – auch ein Beitrag zu sicherer Bedienung. Mehr Platz fur Reiseutensilien wie gro?e Getrankeflaschen und den guten alten Reiseatlas – in Navisystemen lasst sich so schwer blattern – ware aber besser.
Auf der Ruckbank bleibt das Bild ebenfalls etwas zwiespaltig. Die Mercedes C-Klasse ist kein Raumriese. Im Fond reisen zwar auch gro?ere Passagiere annehmbar (bequemer Einstieg, komfortable Sitze), aber bei weitem nicht so luxurios wie in einem viel gunstigeren Skoda Superb. Mehr als zwei Kinder sollte die Familie nicht spazieren fahren, sonst passen die entsprechenden Sicherheitssitze nicht mehr. Der Versuch, eine schmale Dose a la Redbull in den hinteren Cupholdern zu verankern, endet reichlich kippelig. Fur die 1.600 Euro, die ein Fond-Videosystem kostet, muss man seine Kinder schon sehr lieben oder andersrum sehr genervt sein.
Krabbeln wir noch ein Stuck weiter nach hinten in den Kofferraum. Der begnugt sich mit 485 bis 1.500 Liter Volumen. Guter Klassendurchschnitt, sagen die einen, weniger als ein neuer Focus Turnier die anderen. Als Top-Kaufargument scheidet er jedenfalls dem Volumen nach aus, da er auch beim Beladen mit dem auto motor und sport-Norm-Kofferset etwas weniger als der viel gunstigere Ford schluckt. Dessen Gepackabteil verengt sich auch nicht an den Radkasten. Gelungen sind die kleinen Helfer: seitliche Taschen, verankerbare Netze, leicht eben zu legender Ladeboden und praxisgerechte Verzurrmoglichkeiten.
Die Rolle des Helfers nimmt der Premium-Laster gerne ein, auch und besonders bei brenzligen Fahrsituationen. Wie schon ein Test der identischen Assistenzsysteme in der E-Klasse zeigte, bietet Mercedes hier einen uberzeugenden Schutz vor Unfallen. Jedoch piepsen sie etwas zu hyperaktiv, so dass man ihnen zuraunen mochte: Ruhig Blut, das ist nur eine Autobahn-Leitplanke und kein bedrohliches Hindernis. Die Bremsanlage packt ubrigens machtig zu: Beladen und mit warmen Bremsen stehen die 225er-Continental Sport Contact in weniger als 36 Metern.
Andererseits fehlt immer noch City-Safety und ein Fu?ganger-Erkennungssystem wie bei Volvo. Aber erinnern wir uns: Den Vorganger gab es noch nicht mal mit Abstandsregeltempomat. Und noch eines wurde besser: Lie? Mercedes bei der Einfuhrung seiner Schilderkennung das Tempolimit sinnigerweise immer nur kurz im Kombiinstrument aufblitzen – wozu dann eine solche Hilfe? –, leuchtet es jetzt dauerhaft in der Navikarte. Hundertprozentige Erkennungssicherheit sollte davon freilich niemand erwarten, die Mercedes C-Klasse schafft eher gefuhlte 95.
Kombi ist unubersichtlich
Runter vom Gas, jetzt fahren wir Schrittgeschwindigkeit, denn Parken und Rangieren stehen an. Dass moderne Autos aufgrund von Sicherheitsanforderungen und Alle-wollen-sportlich-sein-Design keine Ubersichtswunder mehr sind, daran mussten wir uns leidvoll gewohnen, aber zumindest helfen gut gemachte Einparkhilfen wie in der Mercedes C-Klasse. Nach vorne fehlt der getesteten Avantgarde-Version jedoch der Stern zum Peilen auf der Haube. Wer den mochte, muss zur gunstigeren Basis- oder Elegance-Variante greifen. Nach hinten wird es rund um die D-Saule recht duster, wie auch die Rundumsichtmessung zeigt. Und Anrempeln wird empfindlich teuer ohne unlackierte Sto?leisten. Gut, dass die Mercedes-Ingenieure Ma? gewahrt haben, denn das T-Modell ufert weder in der Breite noch beim benotigten Wendekreis aus. Den Praxistest besteht die edle Mercedes C-Klasse so zwar nicht mit summa cum laude, aber sie zeigt einige Details, die andere gerne kopieren konnten.
Jetzt durfen endlich Reifen quietschen und Pylonen fliegen. Wobei Letzteres bei der Mercedes C-Klasse kaum passiert, denn Mercedes befindet sich auf dem Weg zu unerwarteter Sportlichkeit. So agil und prazise (optionale Parameterlenkung) kennt man die schwabischen Stars bisher nur aus der AMG-Sportfraktion. Das macht viel Laune, keine Frage, aber es bleiben doch Zweifel, ob das alle Mercedes-Kunden so haben wollen. Der Komfort ist gut, aber mit den 17-Zollern nicht uber alle Holper-Zweifel erhaben. Fiese, kurze Wellen schlagen spurbar ins Gesa? durch. Vollbeladen schluckt das Raumschiff jedoch selbst derbe Schlage, ohne auf Block zu gehen. Auf der Autobahn gleitet der 4,61-Meter-Mercedes wieder beruhigt.
Stern-Fans kennen das Namens-Verwirrspiel schon aus seligen Kompressortagen: Hinten steht 250 drauf, vorne ist ein 1,8-Liter-Turbomotor mit Direkteinspritzung drin. Also der gleiche Block wie im 180er oder 200er, dafur aber mit mehr Ladedruck. Der produziert maximal 204 PS und 310 Nm ab 2.000 Touren.
Das Temperament hat dieser Motor nicht direkt erfunden. Er schiebt den 1,6-Tonner in 7,8 Sekunden zugig auf Landstra?entempo, brummt dabei so aufregend wie ein stark gedampftes Notstromaggregat und spricht so an, wie es ein Gro?serien-Lader eben macht: leicht verzogert. Kein Gourmetmotor, aber top fur den Alltag. Finesse gewinnt das Ganze durch das filigrane Gangspiel der Siebengang-Automatik. Mussten fruher die Mercedes-Vierzylinder noch mit dem Funfganggetriebe bei ineffizienten hoheren Drehzahlen darben, so passen die Ubersetzungen jetzt fast immer zur Fahrsituation. Der Verbrauch betragt zuruckhaltend gefahren – auch dank sanft agierendem Start-Stopp-System – 6,8 Liter/100 km. Im Testmittel sind es 10,9 Liter. Und wer es auf der Autobahn fliegen lasst, zahlt den Turbo-Aufschlag mit uber 13 Litern.
Wir hatten an dieser Stelle gerne lobende Worte uber das Umweltzertifikat von Mercedes verloren, das die bei der Auto-Herstellung anfallenden Emissionen penibel ausweist. Leider ist es fur die Mercedes C-Klasse noch nicht fertig. In Zukunft werden wir solch einen Umwelt-Nachweis aber von jedem Hersteller einfordern.
Was kostet der Sternentrip? Rein pragmatisch zu viel. Es gibt talentiertere Transporter und Familienautos fur weniger Geld. Aber Autos in dieser Klasse kauft keiner mit dem Ma?band, und wen der letzte Liter Volumen nicht juckt, der erhalt mit dem Mercedes T-Modell ein exzellent abgestimmtes und vor allem jetzt richtig edles Auto.